Die Chronik
Vom Asyl zu St. Josef Traunstein – Ein Wandel in und mit der Zeit
Am 7. November 1894 gab der damalige Stadtpfarrer und Dekan Josef Heinrich Meixner Folgendes öffentlich bekannt:
„Nächsten Montag, den 12. November d. J. wird genanntes Asyl, welches unter der Leitung des Unterzeichneten und der Franziskanerinnen von Mallersdorf steht, nach der Feier der hl. Messe, die um 8.00 Uhr in der Abendmahls-Kapelle beginnt, eröffnet.“
Das neu gegründete Asyl sollte Kinder des Pfarrbezirkes aufnehmen, unbeaufsichtigte Kinder der Salinengemeinde versorgen und darüber hinaus ambulante Krankenpflege in der Stadt und der Au-Gemeinde leisten. Ermöglicht wurde die Gründung des St. Josef- Asyls durch eine anonyme Privatperson, die für wohltätige Zwecke 1.000 Gulden stiftete.
Der damalige Stadtpfarrer kaufte damit das frühere Autischler Anwesen am Kraglberg, dem heutigen Salinenberg, und errichtete dort ein Heim für die hilfsbedürftigen und unbeaufsichtigten Kinder in der Au. Die Leitung des Hauses übertrug Stadtpfarrer Meixner den „Armen Franziskanerinnen von Mallersdorf“. Die ersten drei Ordensschwestern trafen am 7. November 1894 in Traunstein ein und fanden laut Hauschronik nicht viel vor:
„Anfangs war die Not sehr groß. Beim Eintreffen der ersten Schwestern gab es nicht einmal genügend Tassen, Teller und Betten. Bürgerfrauen aus der Stadt halfen, das Haus auszustatten.“
Schon bald nach der Gründung des Hauses fanden so viele Kinder eine neue Heimat in St. Josef, dass das Haus zu klein wurde. Ein großzügiges Vermächtnis des Oberlehrers Michael Stöckl und anderer privater Spender ermöglichte einen Neubau mit vielen technischen Errungenschaften der damaligen Zeit: Spiel-Halle, Dampfheizung, elektrisches Licht und fließendes Wasser. Das Kinderasyl St. Josef galt damals als modernstes Kinderheim weit und breit. Da die Zahl der zu betreuenden Kinder stetig zunahm, musste das Kinderheim in den Folgejahren immer wieder baulich verändert werden.
Als das städtische Waisenhaus in Traunstein 1920 an das Asyl angegliedert wurde, lebten bis zu 80 Kinder im Haus. Im Zweiten Weltkrieg diente das Asyl 1942/43 bis nach Kriegsende vorübergehend als Lazarett für verwundete Soldaten. Während dieser Zeit wurden alle Kinder bei den Eltern, Verwandten oder in anderen Einrichtungen untergebracht. Laut Eintragungen im amtlichen Meldebuch wurden die ersten Kinder wieder am 26. Juli 1946 im Haus aufgenommen.
In den sechziger Jahren änderte sich die Form des Zusammenlebens entscheidend. Um ein familiäres Zusammenleben zu ermöglichen, wurden die Kinder in geschlechtlich gemischten, kleineren Gruppen zusammengefasst. Diese Veränderungen machten einen Umbau bzw. Neubau im Jahre 1965 notwendig. Anlässlich der Fertigstellung des Querbaus und des Hallenbades wurden die neuen Räumlichkeiten am 29. Oktober 1966 feierlich eingeweiht.
Im Oktober 1967 musste die sogenannte Abendmahlkapelle (erbaut 1830) dem Ausbau des Salinenbergs weichen. Die Veränderungen in St. Josef waren jedoch nicht nur baulicher Art. Die Aufgaben der Schwestern bestanden einerseits in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen und andererseits im mobilen Krankenpflegedienst. Die Krankenpflege beinhaltete damals nicht nur die Pflege Kranker, sondern auch die Nachtwache bei Kranken und Sterbenden.
Aus einer Statistik aus dem Jahre 1932 geht hervor, dass:
„108 Kranke 242 Tage gepflegt, 375 Nachtwachen bei Kranken und Sterbenden gehalten und 811 Dienstleistungen bei Hausbesuchen vollbracht wurden“.
Der ambulante Krankenpflegedienst wurde 1985 eingestellt. Das Betreuungsangebot von St. Josef wurde 1987 um drei Aufgabenbereiche erweitert. Für den Bereich Kindertagesbetreuung wurde eine Kinderkrippe für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zur Kindergartenreife und ein Kindergarten für Kinder von 3 bis 6 Jahren eingerichtet. Für junge Menschen ab 16 Jahren entstand der Fachbereich „Teilbetreutes Wohnen“, um eine weiterführende Betreuung bis zur Selbstständigkeit zu gewährleisten.
1996 zogen sich die Mallersdorfer Schwestern zunehmend aus den Leitungstätigkeiten zurück. 2004 übernahm die Kinder- und Jugendhilfestiftung Seraphisches Liebeswerk SLW Altötting die Trägerschaft für Sankt Josef Traunstein. 2009 kehrten die letzten Ordensfrauen in das Mutterhaus nach Mallersdorf zurück.
Der Kindertagesstättenbereich mit Kinderkrippe und Kindergarten ist in den Jahren 2002-2007 sowie 2009-2014 fortlaufend mit entsprechenden Um- und Ausbauten erweitert und zeitgemäß angepasst worden. Bereits seit einigen Jahren bieten Kindergarten und Kinderkrippe sog. Integrationsplätze für Kinder mit besonderem Förderbedarf. 2009 erfolgte eine grundlegende Sanierung des großen- Spiel, Sport und Freizeitgeländes der Einrichtung.
2011 folgte die Gründung und Eröffnung der Heilpädagogischen Tagesstätte für Vorschulkinder in St. Josef, 2013/2014 der Umbau des ehem. Schwimmbadgebäudes und Theatersaals in einen Mehrzweckraum und zwei Krippengruppen sowie 2017 die Erweiterung des Krippenangebots in der Gemeinde Siegsdorf mit einer zusätzlichen Krippengruppe.
Mittlerweile werden rund 185 Kinder im Rahmen der angebotenen Tagesstätten in Traunstein und der Gemeinde Siegsdorf betreut und optimal gefördert.
Im Bereich der stationären Hilfen zur Erziehung wurde im Lauf der Jahre das stationäre Heim-Angebot auf die Sozialpädagogische Wohngruppe ‚Piratenbande‘ sowie auf das „Teilbetreute Wohnen für junge Frauen“ zusammengefasst. Der ehem. Wohnbereich mit Schwesternklausur ist saniert und umgebaut worden und bietet nun einen Wohnbereich und Zimmer für volljährige Auszubildende und Schüler*innen.
|